Fühlen mit Verstand

Gefühle haben einen schlechten Ruf in unserer heutigen Zeit. Sie sind der Grund, dass wir tiefe Verletzungen davontragen und nicht mehr klar denken können. Manch einer wünscht sich sogar, seine Gefühle komplett abzulegen, um dann unangreifbar zu sein.

 

Das Leben wäre doch so viel einfacher, oder?

 

Ja, und so viel sinnloser.

 

Wird jemand verletzt, neigt er schnell zu einem Extrem. „Ich darf nicht mehr so viel fühlen. Ich muss härter werden!“ Diese Herangehensweise, hat noch nie funktioniert, denn als beseelter Mensch fühlt man unweigerlich. Es gleicht eine Folter, das zu unterdrücken.

 

Verschließt man sich davor und hält Abstand von Situationen und Menschen, die einen verletzen könnten, fühlt sich das Leben immer leerer an. Wie könnte es auch anders sein, wenn es die Angst ist, die das eigene Verhalten bestimmt.

 

Es sind nicht die Gefühle, die falsch, unnütz oder unbedeutend sind. Niemals. Jedes Gefühl hat seinen Platz. Keines kommt grundlos auf. Was wirklich fehlt, ist das Wissen um den richtigen Umgang mit Gefühlen.

 

Niemand konnte es einem beibringen, denn unsere Eltern und Großeltern waren in vielen Fällen selbst nie in der Lage, ihre Gefühle wahrzunehmen. Sie haben nur danach gehandelt und blind reagiert, ohne jemals sagen zu können, warum.

 

Und so wird es ihnen nachgetan.

 

Der Schlüssel zu mehr Stabilität und einem robusteren Wesen, auch mit (negativen) Gefühlen, ist die Fähigkeit, einen Schritt zurückzunehmen und zu betrachten.

 

Ohne zu beurteilen.

Ohne zu verurteilen.

Ohne zu reagieren.

Ohne zu verdrängen.

Ohne kleinzureden.

 

Es ist der Verstand, der das Gefühl unterstützt, doch macht er es mit Achtsamkeit und Geduld.

 

„Was fühle ich gerade? Lass es mich bewusst wahrnehmen und beobachten…“

 

„Wo kommt es her? Was macht es mir? Wozu treibt es mich? Was steckt dahinter? Was für Gedanken und Glaubenssätze liegen dem zugrunde? Was ist das Gefühl hinter dem Gefühl?“

 

Es gibt so viel zu lernen, du musst nur aufmerksam sein. Bedenke aber, dass ein richtiger Umgang mit Gefühlen nicht bedeutet, dass alles immer schön ist. Das Leben ist Kontrast und du kannst das Schöne nur schätzen, wenn du auch dem Hässlichen begegnest.

 

Der Unterschied ist nur, dass du nun jede Erfahrung würdigst und an ihr wächst.

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