Liebe braucht Zeit, keinen Druck

Das Bedürfnis nach „Mehr“ sollte erst geäußert werden, wenn man einen bestimmten Menschen näher kennengelernt und viel Zeit miteinander verbracht hat. Das kann viele Treffen über Wochen bedeuten.

 

Will ich sofort wissen, woran ich bin, wirke ich bedürftig. Ich treibe den anderen mit ernsten, viel zu frühen Fragen davon.

 

„Warum meldest du dich nicht? Was hatte das zu bedeuten, dass wir einmal ausgegangen sind? Dass du dies gesagt und das gemacht hast? Erkläre dich!“

 

Mir mag es wichtig erscheinen, um Klarheit zu schaffen. Ich rechtfertige es mit „keine Spielchen mehr!“, doch ist diese Strategie ebenso ineffektiv, wie all meine vergangenen Versuche.

 

Ich stelle diese Fragen, um mich zu schützen. Ich will nicht wieder verletzt werden. Und es schützt mich insofern, dass ich dadurch mit kaum jemandem zusammenkomme. 

 

Dabei habe ich so viel Liebe zu geben. Dabei sehne ich mich so nach ihr.

 

Stell dir vor, ich bin ein Autoverkäufer und du schaust dir ein Auto an, machst Probesitzen und überlegst, ob es das Richtige für dich wäre. Nun komme ich und sage:

 

„Willst du bald mal kaufen oder nicht? Wenn nicht, kannst du gleich wieder gehen!“

 

Ich wäre der schlechteste Verkäufer der Welt.

 

Es mag überspitzt erscheinen und vielleicht denkst du, dass das etwas völlig anderes ist. Doch trifft es diese Sache sehr genau. Das menschliche Verhalten beim Verkauf und beim Dating weist etliche Parallelen auf.

 

Mein Verhalten drückt aus, dass ich unsicher, ängstlich, bedürftig, einsam, frustriert, verletzt, fordernd, erwartungsvoll und damit auch anstrengend bin. Viele schwere Gefühle, die der andere spürt und die ihn Abstand nehmen lassen.

 

„Wir kennen uns kaum und ich werde schon in die Ecke gedrängt… bloß weg hier!“

 

Erkennst du dich darin, darfst du nun deine Mitte finden. Früher bedürftig und zu offen & naiv, nun immer noch bedürftig, aber zu vorsichtig & reserviert.

 

Lege das ab.

 

Vor einer Beziehung sollte es schlicht dein Ziel sein, Menschen kennenzulernen und mit ihnen eine schöne Zeit zu verbringen. Ohne Zwang. Ohne Druck. Ohne Erwartungen. Ohne „Melde dich endlich!“ Es darf sich auf natürliche Weise entwickeln und zeigen, in welche Richtung es geht.

 

 

Halte es stets leicht und spielerisch. Stelle dem anderen vor allem zu Beginn keine ernsten Fragen. Lege deinen Fokus darauf, ihn zu beobachten, ihn näher kennenzulernen und ihm näher zu kommen.

 

Sei während dieses Prozesses immer realistisch. Bleib nicht absichtlich blind für mögliche Hürden, nur um endlich mit jemandem zusammen zu sein. Schau auch auf die Dinge, die darauf hindeuten, dass man langfristig nicht wirklich zusammenpasst. Ist man wirklich kompatibel?

 

Bedürftigkeit bedeutet auch, dass man unter allen Umständen jemanden haben möchte, ohne selbst großartig Anforderungen zu haben, aus Angst, dadurch jemanden vertreiben zu können. Definiere unbedingt Standards, an denen du dich orientierst!

 

Wenn du wieder das Gefühl bekommst, Klarheit schaffen zu müssen, atme zunächst durch. Dating braucht Geduld und Feingefühl. Meldet der andere sich z.B. nicht oder macht er nicht den nächsten Schritt, den du dir erhofft hast, gib ihm etwas Zeit. Du kannst nicht wissen, was gerade in ihm und seinem Leben vor sich geht.

 

Möchtest du die Dinge vorantreiben, stelle keine ernsten Fragen, sondern mache selbst einen Vorschlag und beobachte, wie der andere darauf reagiert. Nimm Kontakt auf, unterhalte dich, schlage ein lockeres Treffen vor.

 

Anhand seiner Reaktionen kannst du die Puzzleteile zusammenfügen und für dich entscheiden, ob es sich lohnt, hier weiter Energie zu investieren oder ob du dich lieber wieder darauf fokussieren möchtest, neue Menschen kennenzulernen.

 

Du willst nicht einfach nur eine beliebige Beziehung. Du willst einen besonderen Menschen kennenlernen, der wirklich zu dir passt. Erst dann kannst du entscheiden, ob du eine Beziehung mit diesem Menschen möchtest.

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