Wenn der Durst nach Liebe durch die Hölle führt

Beide treffen sich zum ersten Mal und sofort spürt sie eine tiefere Verbindung. Sie reden, lachen, haben Spaß und lernen sich näher kennen. Es scheint außergewöhnlich. Eine zufällige, sympathische Begegnung, wie aus einem Liebesroman.

 

Wenn beide zusammen sind, gibt es kaum etwas Besseres und wenn sie getrennt sind, kann sie fast nur an ihn denken. Zu Beginn wird sich gegenseitig viel Aufmerksamkeit geschenkt, doch immer mehr wird deutlich, dass er nicht weiß, wohin er will.

 

Er zieht sich zurück, entzieht ihr die Aufmerksamkeit, die ihr so gut getan hat – und das macht seine Aufmerksamkeit umso wertvoller. In ihrem Kopf dreht sich alles, in dem Versuch, dein Verhalten zu erklären.

 

„Habe ich etwas getan? Ist bei ihm etwas passiert? Hat er eine andere? Verliere ich ihn!?“

 

Auf direkte Fragen, was denn los ist, antwortet er nur wenig aufschlussreich, was die Ungewissheit weiter nährt. Er braucht wohl Zeit für sich. Paradoxerweise verstärkt sich dadurch bei ihr das Gefühl, dass sie beide doch füreinander bestimmt sind.

 

„Wir sind doch Seelenpartner… sogar Dualseelen! Warum tut er so etwas? Und was kann ich tun?“

 

Je mehr er nichts tut und sie im Ungewissen lässt, desto mehr wälzt sie ihre Gedanken umher und desto stärker werden ihre Gefühle. Seine Aufmerksamkeit und Bestätigung werden zu einer Droge. Sie ist nicht mehr in der Lage, die Realität so zu beurteilen, wie sie ist. Alles wird durch eine immer dicker werdende Nebelwand aus Gefühlen wahrgenommen.

 

Sie kann nicht verstehen, was hier passiert, weil sie ihre Gefühle nicht bewusst wahrnehmen kann und sie unbemerkt auf ihn projiziert. Sie hatten so eine schöne gemeinsame Zeit, also muss er doch zumindest ähnlich fühlen, oder? Doch das ist rein biologisch schon nicht möglich.

 

Frage: Wenn du schwer verliebt bist und es sich gut anfühlt, mit jemandem zusammen zu sein, ziehst du dich dann für längere Zeit zurück? Nein? Unter welchen Umständen machst du so etwas?

 

Wenn er sich zurückzieht und sich nicht mehr sehen lässt, ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass in ihm etwas ganz anders abgeht, als in ihr. Begriffe wie „Seelenpartner“ kommen ihm vermutlich gar nicht in den Sinn.

 

 

Es ist ein Muster, das viele Frauen schon (unbewusst) erlebt haben. Nach einer wunderbaren ersten Verbindung, scheint sie ihn nicht halten zu können, was sie verrückt macht. Sie will ihn, weil sie weiß, dass sie ihn nie komplett haben kann.

 

Das ist normal - zumindest bis zu dem Punkt, an dem sie nicht mehr in der Lage ist, ein normales Leben zu führen.

 

Ihre Kindheit bestimmt maßgeblich, wie weit diese Gefühle bei ihr gehen werden.

 

Ist sie in einem sicheren und liebevollen Elternhaus aufgewachsen, wird sein Verhalten auch bei ihr den Drang auslösen, um ihn zu kämpfen. Doch würde er ihren Bemühungen nicht angemessen entgegenkommen, würde sie sich abwenden, weil sie sich mehr wert ist.

 

Ist sie in einem chaotischen oder zerbrochenen Elternhaus aufgewachsen, dürstet sie von Kindheit an nach Liebe. Nicht irgendeine Liebe, sondern die, die sie nie wirklich haben kann. Bei ihr entstehen schnell die Vorstellungen von „dem Einen“ oder vom „Seelenpartner“.

 

Jemand, der ihr alles gibt, wäre langweilig und uninteressant, denn seine im Überfluss vorhandene Aufmerksamkeit hätte keinen Wert. Sie würde ihn ähnlich behandeln, so wie sie von dem Gleichgültigen behandelt wird, um dessen Liebe sie kämpft.

 

Falls du dich darin siehst, mach dir diese vorhersagbaren Muster bewusst und erkenne sie als Illusion an. Verdränge deine Gefühle nicht, nimm sie aber immer öfter mit deinem Verstand wahr und überprüfe sie. Denke daran, dass niemand die Leere in dir Füllen kann, außer du selbst.

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